Springe direkt zu Inhalt

2018/05 German U15 zum Positionspapier des Wissenschaftsrats „Hochschulbildung im Anschluss an den Hochschulpakt 2020“ (April 2018)

Die seit 2005 von Bund und Ländern finanzierten Hochschulpakte haben entscheidend dazu beigetragen, einer stark gestiegenen Zahl an Studierenden ein hochwertiges akademisches Studium zu ermöglichen. Auch künftig wird ein hohes Engagement von Bund und Ländern erforderlich sein, um den kommenden Generationen von Studierenden ein Studium auf höchstem Niveau garantieren zu können. Das gilt gerade für forschungsstarke Volluniversitäten, die national und international eine hohe Attraktivität für Studierende aufweisen. So ist mehr als jede bzw. jeder fünfte Studierende in Deutschland an einer U15-Universität eingeschrieben; betrachtet man nur die Universitäten, ist es sogar knapp jede bzw. jeder dritte. Zugleich sehen sich die U15-Universitäten in der Verantwortung, nicht nur mehr Studierende zu einem akademischen Abschluss zu führen, sondern ihnen auch bessere Lehre anzubieten – innovative Lehrformate für eine Generation von Studierenden, die so international, divers und digitalisiert ist wie nie zuvor.

Die U15-Universitäten bekräftigen nachdrücklich die Ziele, die der Wissenschaftsrat in seinen Hinweisen und Empfehlungen zur Hochschulbildung im Anschluss an den Hochschulpakt 2020 verfolgt: Die Nachfolgevereinbarung zum Hochschulpakt muss ein auf Dauer gestelltes Finanzierungsmodell vorsehen, das den Universitäten eine größere Finanzierungs- und Planungssicherheit gewährt. Erforderlich ist die Finanzierung sowohl eines Kapazitätsausbaus bzw. -erhalts als auch einer Qualitätsverbesserung von Studium und Lehre. Die Mechanismen der Mittelverteilung müssen transparent und stabil gestaltet werden.

Aus Sicht der U15-Universitäten gehören diese Ziele zum Kernbestand eines zeitgemäßen und zukunftsfähigen Finanzierungsmodells für Universitäten. Die anstehende Ausgestaltung der Nachfolgevereinbarung des Hochschulpakts ist konsequenterweise als erster Schritt in Richtung dieses neuen Finanzierungsmodells zu verstehen. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Aspekte von besonderer Bedeutung:

1.       Einführung einer „dynamischen Finanzierungskomponente“

Für die Nachfolgevereinbarung des Hochschulpakts fordert German U15 mit größtem Nachdruck eine „dynamische Finanzierungskomponente“ für die Hochschulen in Form „regelmäßiger und verlässlicher Zuwächse“, die explizit über den Hochschulpakt hinausgehen. Der Wissenschaftsrat zieht hier mit Recht eine Parallele zum Pakt für Forschung und Innovation. Dieser hat seit 2005 den außeruniversitären Forschungseinrichtungen durch verlässliche Aufwüchse zwischen jährlich 3% und 5% eine außerordentlich positive Entwicklung ermöglicht. Im gleichen Zeitraum ist die Budgetentwicklung der Hochschulen, zumal gemessen an ihren gestiegenen Aufgaben, erheblich zurückgeblieben. Hochschulen, im Besonderen forschungsstarke Volluniversitäten, sind die Motoren des deutschen Wissens- und Innovationssystems. Ihre unzureichende Grundfinanzierung erschwert es ihnen massiv, dieser Funktion mit größtmöglichem Erfolg gerecht zu werden. Eine Korrektur ist mehr als überfällig.

2.       Für pragmatische Parameter

Der Wissenschaftsrat stellt umfangreiche Überlegungen zu den möglichen Parametern an, nach denen in der Nachfolgevereinbarung des Hochschulpakts die Mittelverteilung geregelt werden könnte. U15 begrüßt den Vorschlag, gleichermaßen transparente wie nachvollziehbare Parameter dergestalt zu wählen, dass sie möglichst schwankungsarme und gut planbare Mittelflüsse zur Folge haben. Besonders wichtig ist eine möglichst weitreichende Autonomie der Hochschulen in der Mittelverwendung. U15 empfiehlt außerdem nachdrücklich ein pragmatisches System von Parametern für die Mittelvergabe. Die Suche nach einem Optimum aus kapazitäts- und qualitätsorientierten Parametern darf nicht in ein unverhältnismäßig komplexes und aufwändiges System münden, das der Zielsetzung eines hohen Maßes an Transparenz und Akzeptanz der Mechanismen zur Mittelverteilung zuwiderlaufen würde. Im Idealfall leistet ein Studium über die Ausbildung fachlicher und außerfachlicher Kompetenzen hinaus wertvolle Beiträge zur ganzheitlichen Entwicklung der Persönlichkeit. Es ist zweifelhaft, ob diese Leistungen eines Studiums durch Input-Output-Schemata adäquat abgebildet werden können.

3.       Dauerhafte Beschäftigung für Lehre auf höchstem Niveau

Forschungsstarke Volluniversitäten in Deutschland haben sich der Einheit herausragender Forschung und Lehre verpflichtet. Exzellente Lehre setzt herausragendes, dauerhaft beschäftigtes Lehrpersonal voraus. Dafür muss die Zahl an Professuren und hochqualifiziertem weiteren Lehrpersonal (z. B. Lecturer) dauerhaft und deutlich erhöht werden. Die U15-Universitäten bekräftigen daher die Empfehlung des Wissenschaftsrats, dass künftige Mittel im Rahmen des Hochschulpakts primär für dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse verwendet werden sollten, die der Qualitätssteigerung der Lehre zugutekommen. Erst als Ergänzung einer nachhaltig auskömmlichen Grundfinanzierung bewirkt projektförmige Lehre, deren Finanzierung in Wettbewerbsverfahren einzuwerben ist, eine Stärkung hochwertiger, innovativer Hochschullehre.

4.       Mehr als Kapazitätserhalt: Bessere Lehre durch bessere Betreuung

U15 unterstreicht die Empfehlung des Wissenschaftsrats, dass die Zielsetzung des Hochschulpakts nicht nur im Erhalt der aktuellen Kapazität bestehen darf, sondern auch in einer Qualitätsverbesserung von Studium und Lehre. Lehre auf höchstem Niveau setzt aber vor allem ausreichend gute Betreuungsrelationen, also ein angemessenes Verhältnis der Anzahl von Lehrenden zu Lernenden, voraus. Gerade diese hat sich seit 2005 allerdings unerfreulich entwickelt, trotz der gemeinsamen, erheblichen Anstrengungen von Bund, Ländern und Hochschulen. Eine Professorin bzw. ein Professor betreute 2015 im Schnitt 63 Studierende, in manchen Fächern sogar erheblich mehr – das sind acht Studierende mehr als noch zehn Jahre früher in 2005. Diese negative Tendenz muss dringend umgekehrt werden. Das gelingt, wenn mehr Professuren und weiteres, hoch qualifiziertes, dauerhaft beschäftigtes Lehrpersonal eingestellt wird – allerdings auch nur dann, wenn die Kapazität nicht im selben Umfang erhöht wird, also die Menge an betreuten Studierenden nicht weiter wächst. Ferner plädiert U15 für eine Reform des Kapazitätsrechts, die aktuelle Entwicklungen und Bedarfe insbesondere an forschungsstarken Universitäten stärker berücksichtigt und der Herausbildung neuer Karrierewege (etwa in Form von Lecturer-Stellen) Rechnung trägt.

Eine besondere Stärke forschungsstarker Universitäten ist, dass sie Studierenden bereits früh im Studium eine Betreuung durch Spitzenforscherinnen und -forschern ermöglicht. Damit die forschungsstarken deutschen Universitäten auch künftig im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen können, muss der zeitliche Einsatz für Spitzenforschung oder die Betreuung von Doktorandinnen und Doktoranden angemessen berücksichtigt werden, etwa durch eine Reduktion des Lehrdeputats.